Ludwig von Pastor

Ludwig Pastor Freiherr von Camperfelden (*31.01.1854 †29.09.1928): Historiker und Diplomat, geboren in Aachen. Pastor wuchs bis zum Tod seines Vaters 1864 in dessen calvinistischen Glauben auf. Bald danach konvertierte er zum katholischen Glauben seiner Mutter und wurde im antipreußischen und großdeutschen Umfeld der Familien Schlosser und Brentano sozialisiert. Die kulturkämpferische und am österreichischen Kaiserhaus orientierte Mentalität des Umfelds prägt ihn nachhaltig.
Sein historiographisches Interesse wurde früh von seinem Geschichtslehrer Johannes Janssen gefördert, der ihn zuvor auch in Kontakt mit führenden Vertretern der katholischen Bewegung gebracht hatte. Gegen den Widerstand seiner Kaufmannsfamilie entschließt er sich den Beruf des Historikers zu ergreifen. Er studierte zunächst in Löwen, Bonn, Berlin, und Wien, schloss schließlich 1878 in Graz eine Promotion zum Dr. phil. ab und wurde 1880 in Innsbruck habilitiert.
Da eine Bestellung als Privatdozent in Innsbruck vorerst ausblieb, trat er vorrübergehend eine Stelle beim Herder Verlag in Freiburg an. Seine Kontakte zum österreichischen Kaiserhaus ermöglichten es ihm 1881 seine Berufung als Privatdozent, 1886 seine Ernennung zum ao. Professor und schließlich 1887 zum o. Professor durchzusetzen. Bewerbungen in Wien, Freiburg und an Universitäten im Rheinland scheiterten an weltanschaulichen Widerständen und Zweifeln an seiner wissenschaftlichen Befähigung.
Im Jahr 1901 wurde er zum Direktor des Österreichischen Historischen Instituts in Rom bestellt. Dies ermöglichte ihm die intensive Quellenarbeit in den vatikanischen Archiven, sowie in vielen anderen umliegenden italienischen Archiven, welche in seinem Hauptwerk der „Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters“ mündete. In 22 (in der Neuauflage 16) Bänden widmet er sich darin einer quellenbasierten Darstellung des Papsttums im Zeitraum von 1305-1799. Dieses Werk bleibt ob seiner weiten, über die Diplomatiegeschichte hinausgehenden Perspektive, welche auch Kultur-, Geistes- und Sozialgeschichte berücksichtigt und seiner Fülle an großzügig zitierten Quellen von nachhaltiger Bedeutung. Problematisch ist jedoch die apologetische Ausrichtung des Werkes und der unkritische Umgang Pastors mit seinen Quellen. Dies brachte ihm auch Kritik seitens ihm nahestehender Kollegen ein.
Ab 1920 war Pastor auch österreichischer Gesandter am Heiligen Stuhl, eine Funktion, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1928 ausübte. In dieser Position kam ihm sein dichtes Netzwerk an persönlichen Kontakten im Vatikan zugute. So verfügte er über gute Beziehungen zu Pius X. (1903-1914), Benedikt XV. (1915-1922) und besonders zum Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri (1914-1930). Pius XI. (1922-1939) kannte er persönlich aus dessen Zeit als Kardinalbibliothekar, weshalb sie auch ein gemeinsames Forschungsinteresse verband. Die Zeit seines Wirkens als österreichischer Gesandter am Heiligen Stuhl (1920-1928) kann daher als eine besonders intensive Periode der österreichisch-vatikanisch diplomatischen Beziehungen gelten.